Das Team-Konzept in der alten Version des Scrum Guide von 2017 bestand aus zwei Teams, drei definierten Rollen sowie den dazugehörigen Verantwortlichkeiten. Das Scrum Team setzte sich zusammen aus den Rollen Product Owner, Entwicklungsteam und Scrum Master.

Zu den drei Rollen gehörten sich nicht überschneidende, klar voneinander abgegrenzte Verantwortlichkeiten: Der Product Owner verantwortete die Maximierung des Werts, der aus der Arbeit eines Entwicklungsteams hervorgeht. Das Entwicklungsteam trug die Verantwortung, Sprint für Sprint ein potenziell release-fähiges Done-Inkrement zu liefern. Und zu guter Letzt war es die Verantwortung des Scrum Masters, es durch Servant-Leaderhip zu ermöglichen, dass Scrum von allen Beteiligten verstanden und gelebt wird.

Effekte des alten Team-Konzepts

Dieses Team-Konzept führte zu verschiedenen Effekten innerhalb und außerhalb des Scrum Teams. So haben Mitglieder des Entwicklungsteams den Product Ownern vorgeworfen, Qualitätsaspekte und nachhaltige Entwicklung zu vernachlässigen und den Fokus vor allem auf neue Features zu legen. Product Owner hingegen hatten häufiger den Eindruck, dass Entwickler vor allem auf technische Exzellenz achten und dabei den Produkterfolg aus dem Auge verlieren und somit auch die Wirtschaftlichkeit eines Produktes. Wenn es das Scrum Team am Ende eines Sprints nicht schaffte, ein wertvolles Done-Increment zu liefern, dann konnte sich jede Rolle auf die eigene Verantwortlichkeit zurückziehen, einzelne Rollen wurden für das fehlende Ergebnis verantwortlich gemacht. Außerhalb des Teams hat es häufig dazu geführt, dass nicht das gesamte Scrum Team als Produktentwicklungsteam wahrgenommen wurde. Stattdessen zogen es einzelne Personen oder Gruppen innerhalb der Organisationen häufig vor, primär mit ihren Pendants im Scrum Team zu kommunizieren: So standen Stakeholder ausschließlich im Kontakt mit Product Ownern, technische Verantwortliche adressierten ausschließlich Entwickler, Prozess-Verantwortliche suchten ausschließlich Kontakt mit Scrum Mastern. Somit wurden bestehende Silos eher zementiert als aufgelöst.

One Team, One Accountabilty

Mit einem neuen Teamkonzept geht der SG 2020 gegen diese beobachtete Fehlentwicklung vor: One Team, One Accountibility!

Das Scrum Team besteht aus einen Scrum Master, einem Product Owner und Developers. Es hat keine Subteams mehr [Within a Scrum Team, there are no sub-teams or hierarchies]. Um dieses Konzept zu stärken, fokussiert der SG auf Verantwortlichkeiten anstatt auf Rollen. Die neue gemeinsame Verantwortlichkeit des gesamten Scrum Teams liegt bei der Erstellung eines wertvollen und nutzbaren Inkrements pro Sprint. Daher ist es nur selbstverständlich, dass das gesamte Scrum Team für die Erstellung der Definition-of-Done verantwortlich ist und nicht, wie beim alten Scrum Guide, nur die Developers.

Der SG beschreibt die spezifischen Verantwortungen von SM, PO und Developers genau aus dieser gemeinsamen Verantwortung heraus. Indem das Wort Rolle vermieden wird, wird sich die Diskussion darauf fokussieren, sich innerhalb des Teams dabei zu unterstützen, die gemeinsamen Ziele zu erreichen – anstatt sich hinter der eigenen Rolle zu “verstecken”.

Produktentwicklung als gemeinsame Verantwortung

Der SG geht noch weiter als das: Er legt die Verantwortung für alle notwendigen Aktivitäten zur Produktentwicklung in die Hände des gesamten Scrum Teams [The Scrum Team is responsible for all product-related activities from stakeholder collaboration, verification, maintenance, operation, experimentation, research and development, and anything else that might be required]. Das erzwingt nicht nur eine starke Zusammenarbeit der Beteiligten innerhalb des Scrum Teams, sondern auch zwischen dem Scrum Team und seiner Umgebung.

Alle diese Änderungen möchten ein neues Verhalten und eine neue Zusammenarbeit bewirken - innerhalb eines Scrum Teams, aber auch von und mit der Umgebung.

Wir denken, diese Änderungen werden dazu führen, dass künftig der Produkterfolg als gemeinsames Ziel aller Scrum Team Mitglieder gleichermaßen im Fokus stehen wird und das bei einem Misserfolg alle gemeinsam an einem Strang ziehen.